Showrooming: Gefahren und Lösungen
Von Nicholas Ströbitzer
Wenn Kunden in den Laden kommen und reges Interesse an einem Produkt zeigen, sich nach den Funktionen, Herstellungsprozess, Ursprungsland und Ähnlichem erkundigen und es zu guter Letzt mit überschwänglichem Enthusiasmus noch probieren, dann würde man wohl meinen, man habe einen sicheren Verkauf in der Tasche. Doch aufgepasst, der Schein trügt, denn immer mehr Konsumenten zücken ihre größte Waffe bevor sie einen Kauf tätigen, das Smartphone. Innerhalb einiger weniger Sekunden checken sie Amazon, Willhaben und Geizhals, die unternehmenseigene Website als auch die jene der Konkurrenz und erhalten somit das günstigste Angebot.
Die Annahme der vollständigen Information, die auf Adam Smiths Theorie des vollständigen Wettbewerbs zurückgeht, war bis vor einigen Jahren eine eher unrealistische, doch heute ist das anders. Den Einzelhändler kann man aufgrund von schneller Informationsbeschaffung über Preise und den immer kürzeren Lieferzeiten als Preisnehmen betrachten, sobald der Preis ein bisschen höher ist als im Internet, begnügt sich der Kunde mit probieren und informieren im Geschäft und bestellt dann online. Showrooming nennt man dieses Phänomen, das so manchen Ladenbesitzer bereits in den Ruin getrieben hat und noch vielen mehr einen bitteren Geschmack auf der Zunge beschert.
Studien zeigen ein klares Bild und untermauern die Dringlichkeit des Problems. Eine Onlineumfrage Marketingagentur IntelliAd kommt zum Ergebnis, dass bereits 75% aller deutschen Konsumenten „geshowroomt“ haben, sprich sie haben ein Geschäftslokal dazu benützt, um zu probieren und sich zu informieren und anschließend online gekauft. Jeder vierte, sprich 25% der Konsumenten tut dies regelmäßig, so eine umfassende Studie der Columbia Business School.
Um nun Ratschläge geben zu können, wie Einzelhändler diesem Phänomen die Stirn bieten können, ist es in einem ersten Schritt wichtig die Motive der sogenannten „ Mobile-assisted Shoppers“ zu verstehen und zu kennen. Motiv Nummer ist ganz klar der Preis. Bedingt durch das Internet, welches den Konsumenten eine einfache, schnelle und somit effiziente Quelle zum Preisvergleich bietet, ist die Nachfrage mobiler den je. Bereits kleine Preisunterschiede können ein Verändertes Kaufverhalten vom Offlinekauf weg, hin zu einem Onlinekauf zur Konsequenz haben, was bedeutet, dass die Preiselastizität heute deutlich geringer ist als noch vor wenigen Jahren. Insgesamt 69 Prozent der 3000 Columbia Business School Probanden führten den Preis als wichtigstes Motiv an.
Ebenfalls von großer Bedeutung ist ein Zusammenspiel aus niedrigen Lieferkosten, kurzer Lieferzeit und langen Rückgaberechten. Öffnungszeiten und andere lästige Unannehmlichkeiten, wie das Finden eines Parkplatzes in Geschäftsnähe oder der Zeitaufwand der mit einem Offlinekauf einhergeht verlieren ihre Bedeutung, kann man sich doch die Ware oftmals zum Nulltarif anliefern lassen, kurz probieren und im Fall des Falles dank sehr konsumentenfreundlicher Rückgabepolitik ohne viel Aufwand zurücksenden. Auch läuft der Konsument nicht in Gefahr, dass gewünschte Größe oder Farbe nicht mehr erhältlich ist und dieser das Geschäft mit leeren Händen und Wut im Bauch wieder verlassen muss. Neben diesen beiden Hauptargumenten, Preis und Lieferbedingungen finden sich noch ein paar weitere Motive, wie Onlinemitgliedschaften oder Kundenservice. Beide Motive sind zumeist online besser, so sind Loyalitätsprogramme im Onlinebereich meist mit besseren Rabattsystemen verbunden als im Offlinebereich und auch die Onlinekundenservice sind meist sehr zuverlässig und aufschlussreich.
Warum also nun Offline kaufen? Hauptargumente hierfür sind, dass Kunden das Produkt sofort benötigen (59%) und sie nicht lange auf die Zustellung des Produktes warten wollen (53%). Daraus ableitbar ist die Wichtigkeit des Faktors Zeit, denn obwohl Lieferzeiten beim Onlineversand immer kürzer werden, gibt es hier doch noch klare Vorteile für den Offlinekauf. Andere wichtige Motive für den Kauf Offline können unter dem Begriff der „Regionalität“ zusammengefasst werden. Im Zuge eines immer größeren Umweltbewusstseins der Bevölkerung wird die Regionalität stärker betont und könnte in Zukunft das Ass im Ärmel der Einzelhändler werden. Regionalität bedeutet in diesem Zusammenhang jedoch nicht unbedingt eine regionale Herkunft der Produkte sondern ist der Begriff in diesem Zusammenhang vielschichtiger und weiter zu verstehen. Regional zu kaufen bedeutet den Einzelhändler in der Nachbarschaft zu unterstützen und somit lokale Arbeitsplätze zu sichern. Regional zu kaufen bedeutet aber auch seinen ökologischen Fußabdruck geringer zu halten, da nicht extra ein LKW von A nach B fahren muss und zu guter Letzt bedeutet regional zu kaufen auch gegen die schlechten Arbeitsbedingungen der Amazon-Mitarbeiter zu rebellieren. Des weiteren darf nicht vergessen werden, dass Menschen soziale Wesen sind die gerne mit Verkaufspersonal interagieren.
Werden nun alle angeführten Motive und Argumente beachtet so können drei Empfehlungen ausgesprochen werden um Kunden trotz etwaiger höherer Preise zu einem Offlinekauf verführen zu können:
1. „Shopping Experience“: Jeder Kunde der den Laden betritt wird im Laden kaufen wenn ihn das Einkaufserlebnis emotional berührt. Das kann vor allem mit dem Instrument der Verkaufsraumgestaltung erreicht werden. Sinne sollten durch Musik, Beleuchtung, Düfte und Anderem angesprochen werden und generell sollte alles dafür getan werden, dass sich der Kunde wohl fühlt. Der Fokus eines jeden Einzelhändlers muss es sein, ein noch einzigartigeres Verkaufserlebnis zu schaffen. Ergänzt sollte das ganze durch perfekt informiertes, enthusiastisches und freundliches Verkaufspersonal sein. Schaffen es die Verkäufer die Sympathie der Kunden zu erlangen werden diese nicht nur einmal kaufen sondern erfolgt eine starke Kundenbindung.
2. „Loyality Programmes“: Loyalitätsprogramme sind ein wichtiges Element der Kundenbindung. Vor allem mit transparenten Rabattsystemen für Stammkunden kann ein starker Stammkundenstamm erzielt werden. Was jedoch beachtet werden sollte ist, dass Rabatte und Vergünstigungen nicht zu weit in der Zukunft liegen sollten, da der Wert des Rabatts somit durch den Zeitunterschied an Wert verliert. Der größte Erfolg eines Kundenbindungssystems kann bei sofortigen Vorteilen erwartet werden. Erwähnt sei an dieser Stelle auch die Wichtigkeit von Gewährleistungen. Gratis Reparaturen bieten nicht nur einen starken Kaufanreiz und vermitteln gute Qualität, sondern können in dieser Form nicht bei Offlinekäufen angeboten werden, was Einzelhändlern einen klaren Vorteil verschaffen kann.
3. Timing: Wie bereits oben erwähnt, spielt der Faktor Zeit eine große Rolle. Kunden wollen Produkte, die sie sehen sofort kaufen. Aus diesem Grund ist es wichtig möglichst alle Produkte lagernd zu haben. Es ist besser ein kleineres Sortiment zu führen und von diesem Sortiment dafür alle Größen verfügbar zu haben. Da dies oftmals nicht möglich ist, ist es von großer Bedeutung Kundenbestellungen vor Ort aufzunehmen am besten unverbindlich und möglichst schnell.
Das Internet in Verbindung mit Smartphones und Onlineversandhäuser wie Amazon stellen Einzelhändler der westlichen Welt auf die Probe und den Kampf ums Überleben hat schon so mancher „Retailer“ verloren. Doch die Lage ist nicht aussichtslos, da es einige sehr effektive Instrumente gibt um langfristig bestehen können.
Literatur:
Rogers, Quint(2013): Showrooming and the rise of the mobile assisted shopper; Columbia Business School(http://www8.gsb.columbia.edu/rtfiles/global%20brands/Showrooming_Rise_Mobile_Assisted_Shopper_Columbia-Aimia_Sept2013.pdf)
DeLong et al(2013): Staying Current with Media and Millennials; Marketing Management Association Annual Report
Intelliad http://www.intelliad.de/showrooming/