Ruhezonen im Einzelhandel
von Laura Hinteregger
Wer kennt das nicht: eigentlich wollte man nur gemütlich einkaufen gehen und auf einmal wird dieses Vorhaben zum Spießrutenlauf – Menschenmassen, unfreundliches Verkaufspersonal oder unübersichtliche Läden lassen den Stressfaktor um einige Prozentpunkte nach oben gehen – jetzt wäre eine Couch zum kurzen Ausruhen ideal.
In der heutigen Zeit gehen Menschen nicht mehr nur Einkaufen, weil sie bestimmte Dinge benötigen, sie wollen sich auch inspirieren lassen oder sehen das Shoppen als Freizeitgestaltung an. Dabei kommt auch das Bedürfnis ans Tageslicht, sich zwischendurch zu Erholen, kurz die Beine ausstrecken oder Wartezeiten, wenn zum Beispiel Freund oder Freundin zum zehnten Mal in die Umkleidekabine verschwindet, zu überbrücken. Fehlen Möglichkeiten, um dies zu tun, kann es passieren, dass sich die Kunden von dem Geschäft verabschieden, um im nächsten Café ein wenig Erholung zu tanken.
Um die Flucht des Kunden zu verhindern, sollten psychologische Auffangstrategien angewendet werden. So kann man durch die Bereitstellung von bequemen Sitzmöbeln mit der passenden Hintergrundmusik und eventuell auch Inszenierungen mit Wasser relativ schnell und unkompliziert für eine Ruhezone im eigenen Laden sorgen und somit den Kunden auch länger im Geschäft halten. Auch der Einsatz von Farbe in diesen Auszeitoasen kann dazu beitragen, dass Stresslevel der Konsumenten zu senken und für eine kurze Entspannung zu sorgen, damit diese sich ausgeruht wieder ins Shoppinggetümmel stürzen können. So wirken beispielsweise kühle Farben wie blau oder grün beruhigend und ermöglichen den Kunden ein Runterkommen von einem hohen Anspannungslevel.
Da die meisten Menschen ohnehin in ihrem Alltag vermehrt Stress ausgesetzt sind, sollte man versuchen, das Stresslevel, und somit das Cortisollevel, durch die Einkaufsatmosphäre nicht noch zu steigern. Will man dem Konsumenten einen Mehrwert bieten, sollte man darauf achten, ihm durch Verlangsamung des inneren Aktivierungstonus des Körpers einen Erholungswert zu vermitteln und damit zur Entschleunigung seines gestressten Lebens beitragen. Um seinen Körper in Balance zu halten, sollte man darauf achten, dass nach einer Phase der Anspannung auch eine Phase der Entspannung folgen kann – und genau darum geht es auch beim Einkaufen. Das Einkaufen selbst stellt einen Akt der Anspannung dar, daher können Ruhezonen zur notwendigen Entspannung führen.
Phasen der Anspannung erzielt man durch eine intensive Reizpräsentation. So können beispielsweise Stores, die gekonnt intensivere Farben, Licht und Musik einsetzen, dafür sorgen, dass das Aktivierungsniveau der Kunden steigt und diese somit eher durch den Laden stöbern um Produkte zu entdecken und zu erforschen. Die gegenteilige Phase der Entspannung kann danach durch eine Verdünnung der Reizsituation herbeigeführt werden. Eine Verdünnung kann erzielt werden, indem die entsprechenden Ruhebereiche mit leiserer Musik bespielt werden, einfacher gestaltet sind (also das Aktivierungsniveau nicht noch steigern) und eventuell auch etwas kühler gehalten sind als die Bereiche, in denen die Phasen der Anspannung ausgelöst werden sollen. Ist es nicht möglich, die Raumtemperatur separat zu steuern, so können auch, wie weiter oben bereits erwähnt, durch den Einsatz von blauen und grünen Farbtönen, der Eindruck eines kühleren Raumklimas erzeugt werden. Es sollte also darauf geachtet werden, solche Zonen relativ reizarm auszustatten, sodass sich bei den Konsumenten auch eine Selbstentspannung einstellen kann.
Beispiele, in denen der Einsatz von Ruhezonen zu funktionieren scheint, sind Einkaufszentren, die bereits bei der Planung solche Relax-Areas berücksichtigt haben. Oft kommen Menschen dorthin, um ihren ganzen Nachmittag dort zu verbringen, indem sie zwischendurch ein wenig einkaufen aber eben auch sich auf den Bänken vor Springbrunnen oder Sofas erholen.
Literatur
Ebster, Claus/Garaus, Marion (2015): Räume, die zum Kauf verführen: Store Design und Visual Merchandising. WUV Facultas Verlag.
Hans-Otto Schenk (2007): Psychologie im Handel: Entscheidungsgrundlagen für das Handelsmarketing.
Christian Mikunda (2009): Warum wir uns Gefühle kaufen: Die 7 Hochgefühle und wie man sie weckt.