„Home away from home“ – Der dritte Ort
von Sabina Hujdurovic
„Befrei dich von Ordnung und Logik und trete in einen neuen Ort ein. Es ist nicht der Arbeitsplatz. Es ist nicht das Zuhause. Noch niemand hat ihn auf Landkarten verzeichnet. Nichts ist sicher. Alles ist möglich. Welcome to the third place.“ – Slogan Sony PR Kampagne; Ron Lakos
Der sogenannte „dritte Ort“ war schon immer gegeben, nur hat man ihn bis zu den 80er Jahren nie spezifisch angesprochen oder analysiert, geschweige noch zu einer wesentlichen Marketingmaßnahme gemacht. Ray Oldenburg, ein Soziologieprofessor, hat in den 80er Jahren zum ersten Mal den Begriff „der dritte Ort“ in seinem Buch „The Great Good Place“ aufgegriffen. Oldenburg übt in seinem Werk Kritik an den neuen „dritten Orten“ wie zum Beispiel den Shopping Malls und Fast-Food Restaurants aus. Sie seien ihm zu „insziniert“ und nicht authentisch genug. Als „dritten Ort“ sieht er die „guten alten Plätze“, wie den Friseur, die kleine Buchhandlung mit seinem Besitzer mit dem man sich stundenlang unterhält sowie die Stammbar um die Ecke. Allgemein gesprochen, sind es die Plätze an denen sich Menschen zusammen finden, stundenlang verweilen und miteinander kommunizieren. Histroische „dritte Orte“ wären demnach, das irische Pub, die italienische Piazza und das Wiener Kaffeehaus. Seit den 80er Jahren hat sich jedoch der Begriff des „dritten Ortes“ weiter entwickelt und wird von Unternehmen gezielt als eine weitere Marketingmaßnahme genutzt.
Was ist nun der „dritte Ort“? Es existieren drei Orte. Der „erste Ort“, ist das eigene Zuhause, die eigene Wohnung, das eigene Haus, das man sich nach seinen Wünschen und Belieben einrichtet. Das eigene Heim ist Ausdruck der eigenen Persönlichkeit. In den 60er Jahren kristallisierte sich in Amerika der „zweite Ort“ heraus, dieser war der Arbeitsplatz. Den Arbeitnehmern war es zum ersten Mal erlaubt sich ihren Arbeitsraum bis zu einem gewissen Maß selbst einzurichten und etwas eigene Persönlichkeit einzubringen. Es wurde anschließend auch bewiesen, dass diese Einbringung der eigenen Arbeitsplatzgestaltung, ein effizienteres Arbeiten herbeiführen kann. In den 80er Jahren entwickelte sich zunehmend das erlebnisorientierte Marketing, das sich auf den öffentlichen Raum bezog. Mit der Schaffung einer Wohlfühlatmosphäre in den Geschäften, Hotels und allgemein öffentlichen Räumen war der Begriff des „dritten Ortes“ geboren. Die Konsumenten begannen sich zunehmend nicht nur in ihren „klassischen“ Räumen wie die Stammbar um die Ecke, den Fussballplatz, dem Kino etc. auf zu halten sondern auch in Shopping Malls, auf Events, in Hotellobbys und neuen modernen Coffee Shops. „Dritte Orte“ sind halböffentlich inszenierte Lebensräume an denen sich die Konsumenten vorübergehend zu Hause fühlen.
Was macht einen bestimmten Raum / Platz zum „dritten Ort“? Wie kreeierten man einen „dritten Ort“? Ein wesentlicher Bestandteil von einem „dritten Ort“ ist das Erlebnis. Um solch ein Erlebnis und den damit verbundenen „dritten Ort“ zu konstruieren sind vier wichtige Gesichtspunkte zu befolgen. Ein „dritter Ort“ sollte schon von Außen die Aufmerksamtkeit der Kunden wecken, er möchte die Konsumenten hinein locken. Daher ist die Außenwirkung sehr wichtig – ein „dritter Ort“ sollte zu einem Landmark werden. Als Hilfe können hier „Header“ verwendet werden. Zum Beispiel könnte ein überdimensional grosses Buch an der Aussenfassade einer Buchhandlung hängen. Nachdem sich der Konsument in den „dritten Ort“ begeben hat, ist es auch wichtig, dass dieser sich innerhalb des Ortes bewegt. Der Raum soll den Kunden zu einem inszenierten Spaziergang inspirieren und ihn somit gleichzeitig Produkte vor Augen führen, die er sonst nicht wahrgenommen und nicht gekauft hätte. Durch das Flanieren durch den Raum soll ein heimisches Wohlgefühl im Menschen erzeugt werden. Durch das Erkunden der Räumlichkeiten bildet sich der Kunde auch gleichzeitg seine „Cognitive Map“ mit der er eine Orientierung und damit ein gleichzeitiges Wohlgefühl und Sicherheit erhält. Erst durch die Entstehung der Cognitive Map, entsteht für einen Kunden der „dritte Ort“. Weiter muss der „dritte Ort“ einen roten Faden befolgen, die sogennante „Concept Line“. Diese verbindet die verschiedenen Themen und Abteilungen eines Raumes und schafft die Wahrnehmung einer „Ganzheit“. Abschließend wäre es von Vorteil, eine bestimmte Hauptattraktion zu haben, die noch einmal die Neugier der Kunden weckt.
Inwiefern ist der „dritte Ort“ als Marketingmaßnahme zur Zielerreichung geschaffen?
Neben der Schaffung eines neuen Wohlfühl- sowie Aufenthaltraumes für die Konsumenten, ist der „dritte Ort“ zu einer wichtigen Marketingmaßnahme geworden. Der „dritte Ort“ entfacht gewisse Emotionen in den Kunden, die widerrum in eine Richtung gelenkt werden sollen, die für den „dritten Ort“ auch profitabel ist. „Dritte Orte“ schaffen Erholung von der Hektik des Alltages für die Konsumenten und steigern durch die Schaffung von Erlebnissen die Aufmerksamkeit, die Verweildauer und wirken verkaufsfördernd. Die Marketingbranche nutzt „dritte Orte“ als eine Art dreidimensionale Werbung für den jeweiligen Ort, in die man hinein treten kann. Denn die eigentliche Funktion von „dritten Orten“ ist letzendlich der Verkauf.
Eine gezielte Schaffung eines „dritten Ortes“ ist anhand vom Beispiel Starbucks zu erkennen. Durch die Einrichtung mit Couches, Fauteuils, niedrigen Holzitischen sowie W-LAN etc. erzeugt Starbucks eine Wohnzimmeratmosphäre und für die Gäste ein „drittes Zuhause“, das zum langen Verweilen, Wohlfühlen und Kommunzieren mit anderen Gästen und letzendlich zur Konsumation, lockt.
Schlussendlich ist zu sagen, dass „dritte Orte“ überall vorhanden sind, seien es die „alten dritten Orte“, wie der Bäcker um die Ecke oder die neuen hippen Lokale und Hotellobbys indem sich die moderne Gesellschaft trifft, oder die neue Shopping-Mall in der sich Jugendliche auf einen Kaffee zusammen setzen- für jeden Typen von Konsument besteht ein „dritter Ort“.
Literatur:
Mikunda, Christian (2007): Marketing Spüren, Willkommen am dritten Ort, 2. Auflage, Redline Wirtschaft
Oldenburg, Ray (1989): The Great Good Place: Cafes, Coffee Shops, Community Centers, Beauty Parlors, General Stores, Bars, Hangouts, and How They Get You Through the Day, New York: Paragon House
Oldenburg, Ray (2000): Celebrating the Third Place: Inspiring Stories about the „Great Good Places“ at the Heart of Our Communities, New York: Marlowe & Company
Deutsche Euroshop (2008): Der dritte Ort, Wo Menschen sich wohlfühlen, DES Geschäftsbericht, S.32