Ladengestaltung für Menschen mit Behinderungen
von Stefan Patak
Das Sprichwort „Der Kunde ist König“, wird von Geschäftsleuten rund um den Globus, branchenunabhängig, propagiert. Das Ziel ist klar und eindeutig festgelegt: Der Konsument soll im Laden nicht bloß seine Bedürfnisse und Wünsche erfüllt bekommen, sondern sich primär wohl fühlen und gut zurecht finden. Ladenkonzepte gibt es viele, Ideen rund um inszenierte Verkaufsräume, um Kunden emotional erreichen zu können, stellen Trends in der gegenwärtigen Ladengestaltung dar – doch sind diese Maßnahmen auch für Konsumenten mit körperlichen Einschränkungen oder Behinderungen von Bedeutung? Sollte nicht jeder Kunde „sich als König im Laden fühlen?“
Im Bereich der Ladengestaltung werden grundlegende Maßnahmen hinsichtlich der Ladengestaltung vorgenommen, indem umweltpsychologischen Aspekten, im Bereich des Ladenbaus sowie Elementen der Ladengestaltung besondere Bedeutung zukommt. Dabei gehen die Interessen sensibler Konsumentengruppen, wie beispielsweise jener Konsumenten, mit körperlichen Behinderungen bei der Gestaltung von Verkaufsräumen oftmals unter, wodurch der Einkauf für diese Käuferschicht mit erheblichen Erschwernissen verbunden ist.
Aufgrund der Komplexität an körperlichen Beeinträchtigungen sowie der damit verbundenen Heterogenität dieser Konsumentengruppe ist es enorm schwierig Lösungsansätze für sämtliche Behinderungen im Bereiche der Ladengestaltung zu finden. Studien zu Folge lässt sich ein zentrales Charakteristikum feststellen, welches auf sämtliche Konsumenten mit körperlichen Beeinträchtigungen zutrifft: eine eingeschränkte Mobilität. Diese Einschränkung betrifft dabei nicht bloß den Verkaufsraum, sondern vor allem auch den Transport zur Verkaufsstätte beziehungsweise das Fortbewegen in der Einkaufsstätte.
Insbesondere für Rollstuhlfahrer ergeben sich dabei spezielle Barrieren, die sowohl innerhalb der Einkaufsstätte, als auch den Zutritt zum Verkaufsraum merklich beeinträchtigen. Fehlende Rollstuhlrampen, zu schmale Gänge, zu hohe Regale wären dabei neben einer schlecht konzipierten Parkraumbewirtschaftung, welche in zu engen Parkplätzen resultieren kann, die das Ein- sowie Aussteigen für körperlich beeinträchtigte {mosimage} Konsumenten erschweren, zu nennen. Darüber hinaus stellt der Einsatz von Düften, die Beleuchtung sowie musikalische Untermauerung in der Verkaufsstätte, vor allem für Patienten mit eingeschränkter Sinneswahrnehmung ein Problem dar. Diese Beispiele untermauern die Vielzahl an Problemen, die sich für Ladengestalter bei der Konzeption von adäquaten, behindertengerechten Einkaufsstätten ergeben.
Dabei sind Kriterien wie beispielsweise ein stufenloser, ebenerdiger Zugang, bei mehrstöckigen Verkaufstätten entsprechend große Aufzüge, sowie breite (automatische) Eingangstüren, für einen barrierefreien Zugang erforderlich. Außerdem stellen Hinweisschilder, Markierungen potentieller Gefahrenbereiche wie Stufen, Glastüren, Stiegen, sowie Orientierungsmöglichkeiten für Menschen mit Seh- sowie Hörbehinderungen wichtige gestalterische Maßnahmen im Verkaufsraum dar. Gerade Glastüren im Eingangsbereich können für Menschen mit Sehbehinderungen einen besonderen Gefahrenbereich darstellen, wodurch entweder durch entsprechende Beleuchtung oder Verglasung durch einen unterschiedlichen Kontrast aufmerksam gemacht werden kann.
Für gehörlose Personen sind visuelle Informationen sinnvoll, wohingegen für Menschen mit Sehbehinderungen sprachliche Informationen, sowie Informationen in Brailleschrift unterstützend wirken und somit den Einkauf erheblich erleichtern.
Behindertenfeindliche Ladenkonzepte wirken jedoch vor allem auch auf persönlicher Ebene, da Konsumenten sich aufgrund ihrer körperlichen Beeinträchtigung in solchen Verkaufsräumen unwohl und mitunter auch nicht willkommen fühlen. Aus diesem Grund stellt das Verkaufspersonal einen weiteren wichtigen Faktor neben gestalterischen Elementen dar. Vor allem Personen mit Sehbehinderungen sind dabei auf Unterstützung seitens der Angestellten angewiesen, um sich im Laden zurechtfinden zu können. Aufgrund ihrer Lichtempfindlichkeit kann es, trotz der meist perfekt ausgebildeten restlichen Reize, vorkommen, dass sehbehinderte Konsumenten den Kontrast, der sich aus der unterschiedlichen Beleuchtung ergibt, zwischen Objekten nicht erkennen und somit vorhin erwähnten Gefahren im Laden ausgesetzt sind. Breitere Gänge, sowie eine gute Bodenbeschaffenheit sind vor allem für Konsumenten im Rollstuhl von enormer Wichtigkeit, um sich in Einkaufstätten halbwegs sicher sowie komfortabel fortbewegen zu können.
Sanitäre Einrichtungen, zu enge Umkleidekabinen, sowie ein zu hoher Kassenbereich stellen ebenfalls Problembereiche dar, wohingegen sich Ruhe- oder Sitzzonen vor allem für Personen mit eingeschränkter Gehfunktionen als positives Ladenelement für kurze Verschnaufpausen eignen. Speziell angefertigte Einkaufswägen für Rollstuhlfahrer, wie dies bei einigen Märkten der Fall ist, können ebenfalls zu einem gewissen Maß an Einkaufskomfort beitragen, wobei es enorm wichtig ist, beeinträchtigten Konsumenten aufgrund solcher Maßnahmen nicht in übertriebenem Maße zu helfen, sondern viel eher ihnen ihre Unabhängigkeit zu lassen, die sich darin spiegelt, „sich selbst zu versorgen“, „Entscheidungen ohne Einfluss anderer Personen zu treffen“, sowie „wirtschaftlich unabhängig zu sein“.
Es ist und wird vor allem auch in Zukunft eine besondere Herausforderung bleiben, dem Grundsatz „Der Kunde ist König“ anhand adäquater Ladenkonzepte für Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen gerecht zu werden und diese Konsumentengruppe ohne übertriebene Maßnahmen nicht zu diskriminieren sondern entsprechend zu versorgen.
Literatur
Barrierefreies Einkaufen in Friedrichshain-Kreuzberg – Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzerg: http://www.barrierefreieseinkaufen.de/html/pages/de_index_aktuelles_13_07_07.html
How consumers with disabilities perceive „welcome“ in retail servicescapes: a critical incident study (2007): Stacey Menzel Baker, Jonna Holland, Carol Kaufman-Scarborough, Journal of Services Marketing, 2007/21/3
Marketplace Experiences of Consumers with Visual Impairments: Beyond the Americans with Disabilities Act (2001): Stacey Menzel Baker, Debra Lynn Stephens, Ronald Paul Hill, Journal of Public Policy & Marketing, 2001/20/2
Mode Choice of older and disabled people: a case study of shopping trips in London (2008): Jan-Dirk Schmöcker, Mohammed A. Quddus, Robert B. Noland, Michael G.H. Bell, Journal of Transport Geography, 2008/16
Retail change contemporary issues (1993) Rosemary D.F. Bromley, Colin J. Thomas, University College of Swansea, 2003, Routledge, London
The consumer benefits and problems in the electronic grocery store (2002): Anu Raijas, Journal of Retailing and Consumer Services, 2002/9