Kundenlauf: Wie leite ich den Kunden durchs Geschäft?
von Martin Sturm
Da aus Kostengründen immer weniger Verkaufspersonal eingesetzt wird und viele Kunden auch gar nicht sofort angesprochen werden wollen, ist es heute für viele Geschäfte schwierig, die Kunden durch das Sortiment zu führen. Aus diesem Grund gilt es, die Kunden mittels sogenannter Kundenleitsysteme durch den Verkaufsraum zu führen, also den Kundenlauf gezielt zu beeinflussen.
Sobald der Kunde ein Geschäft betritt, besteht meist eine Kaufabsicht. Diese Kaufabsicht musst genutzt werden, und dem Kunde möglichst zu allen Bereichen des Geschäftes zu führen. Mit Kundenleitsystemen soll erreicht werden, dass der Kunde sich weitgehend selbständig im Geschäft zurechtfindet und beim Vorbeigehen an den Produkten viele Kaufimpulse erhält. Studien haben gezeigt, dass sich bis zu 80% der Kunden erst am Point of Sale entscheiden welche Produkte im Einkaufswagen landen. Und mehr als die Hälfte hat schon mehrfach auf den Kauf eines Produktes verzichtet, wenn es nicht schnell genug gefunden werden konnte. Daraus ist zu erkennen, dass der Kunden im Geschäft häufig Orientierung benötigen. Daher sollte in der Ladengestaltung besonders darauf Wert gelegt werden, dass der Kunde schnell das findet, was er sucht und dass eine gleichmäßige Kundendichte vorherrscht, um jeden Bereich des Verkaufsraumes optimal zu nutzen.
Eine effektive Methode um den Kundenlauf zu steuern, ist die Implementierung eines Loops. Bei der Erschließung durch einen Loop werden meist organische, nicht rechtwinklige Führungsformen benutzt. Der Loop ist der für den Kunden schnell nachvollziehbare Weg durch das Sortiment und durch den Raum – vom Eingang durch alle Warenraumbereiche und zurück. Die Form und die Größe der Verkaufsräume bestimmen den Loop. Fast alle großen Flächen sind für ihre Kunden orientierungsschwach. Ein Loop hat in den meisten Fällen entscheidenden Vorteile, zum einen aus der Erkenntnis heraus, dass jeder Kreuzungspunkt vom Kunden eine Entscheidung fordert und zum anderen entsprechen abrupte Richtungswechsel, wie sie bei rechtwinkeligen Führungen normal sind, nicht den menschlichen Strukturen. Der Kunde ist dann nicht „im Fluss“. Bei der Planung eines Verkaufsraumes sollte auf eine organische, harmonische Kundenführung geachtet werden.
Bei der Gestaltung des Verkaufsraumes sollte dem Kundendrall ebenfalls eine sehr große Bedeutung zukommen. Er ist die bevorzugte Bewegung des Kunden in eine bestimmte Richtung. Beim Festlegen der Kundenführung durch Laufwege wird diese bevorzugte Laufrichtung genutzt, um Aufmerksamkeit auf die Ware zu lenken und Bewegungs- und Orientierungsunsicherheit zu verhindern. Untersuchungen haben gezeigt, dass bei symmetrisch aufgebauten Verkaufsräumen mit zentralem Zugang und fehlender Führung eine Mehrheit der Personen sich zunächst nach rechts bewegt. Im Verkaufsraum selbst erfolgt dann der Kundenumlauf dann meist entgegen dem Uhrzeigersinn.
Es hat sich weiters herausgestellt, dass die Menschen den Lauf gegen den Uhrzeigersinn bevorzugen und dabei die Aufmerksamkeit nach außen gerichtet ist. Damit gehen Blick und Griff in der Mehrzahl zuerst nach rechts. Dieser Kundendrall kann zur Verkaufsaktivierung genutzt werden indem entsprechende Warengruppen und Einzelteile sofort ins Blickfeld rücken oder das Sortiment strategisch platziert wird. Dennoch sollte versucht werden, die Gehrichtung und den Blick der Kunden bewusst zu steuern, um die anderen Bereiche des Verkaufsraumes aufzuwerten. Dies kann durch die folgenden Maßnahmen gelingen:
• Ein „Linksblick“ wird erreicht durch die Platzierung attraktiver Artikel links vom Kundenlauf.
• Aktionspräsentationen oder die Frontal- und Tischpräsentation als „Willkommensgruß“ im Eingangsbereich verlangsamen den Kundenstrom.
• Die Mitte des Verkaufsraumes wird aufgewertet durch besonders ansprechende Warengruppen, da dieser Bereich sonst durch die Rechtsorientierung eher benachteiligt ist.
In der Lebensmittelbranche werden diese Maßnahmen häufig eingesetzt. Oft findet man die Kundenführung mit Zugang und Umlauf von links. Es wird die Aufmerksamkeit durch spezielle Warengruppen auf die linke Seite gelenkt.
Auch Gangschütten, Dekopunkte und Präsentationstische, Aktionsflächen, aber auch akustische Informationen oder Musik usw. dienen zur Kundenführung. Sie werden zur psychologischen Aufmerksamkeitslenkung genutzt. Bei der Gestaltung eines Verkaufsraumes sollten insbesondere folgende Punkte beachtet werden:
• Der Laufweg ist eine sichere Zone für den Kunden. Erst nach der Phase des „Sich-Orientierens“ und Entdeckens betritt der Kunde eine Abteilung und ist mit dem Verlassen des Laufweges auch bereit, Kontakt mit dem Verkaufspersonal aufzunehmen.
• Besonders wichtig ist das Vermeiden von Engpässen. Diese stören das Erlebnisshopping und führen zu Kundenstau.
Für den Kundenlauf im Geschäftslokal lässt sich kein allgemein gültiges Rezept aufstellen. Vielmehr sind es eine Vielzahl von Faktoren, die in Betracht gezogen werden müssen. Eines ist jedoch klar: Verzichtet werden sollte auf Maßnahmen der Kundenführung auf keinen Fall. Ihre Kunden — und Ihr Umsatz — werden es Ihnen danken.
Literatur
Colborne, R. (1996): Visual merchandising: the business of merchandise presentation, Delmar, USA.
Ebster, Claus/Garaus, Marion (2015): Räume, die zum Kauf verführen: Store Design und Visual Merchandising. WUV Facultas Verlag, Vienna.
Kreft, Wilhelm (2002): Ladenplanung Merchandising-Architektur, Verlagsanstalt Alexander Koch, Leinfelden-Echterdingen.
Müller, Jürgen (1998): C&A: Premiere für die neue Store-Generation, in TextilWirtschaft, Nr. 11, S. 26.
Richthofer, Alexandra (1996): Ladenbau: Neue Einrichtungstrends und –entwicklungen, in TextilWirtschaft, Nr 46, S. 32.
Thal, Dorren (2007): Jeden Winkel optimal nutzen, in Stores+Shops, Heft 1/2007, S. 52-54.