Eye Tracking im Laden: Blickregistrierung als Shopper Marketing Tool
von Magdalena Zimprich
Um zu wissen, warum der Kunde etwas kauft – oder eben nicht – muss man wissen, was der Kunde überhaupt wahrgenommen hat an der Fülle von Produkten. Lange Zeit hat man sich im Marketing auf die Aussagekraft von Recall Tests verlassen, aber nun bietet Eye Tracking dem Shopper Marketing weitaus bessere Möglichkeiten. Mit Blickaufzeichnungskameras, die das Blickverhalten der Kunden im Laden messen, lässt sich genau nachvollziehen, welche Produkte der Kunde ansieht und welche dagegen völlig ignoriert werden.
Blickaufzeichnungskameras (auch Eye Tracker gennant) gibt es eigentlich schon verhältnismäßig lange; schon in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts war es möglich relativ genaue Messergebnisse zu bekommen. Seit dieser Zeit haben sich die Anwendungsgebiete von Eye Trackern stark ausgebreitet; Psychologen, Neurologen, Sicherheitsexperten und Verhaltensforscher sind nur einige Beispiele für Berufsgruppen, die Eye Tracker für Ihre Forschung nützen.
Doch was muss man sich unter einer Blickaufzeichnungskamera vorstellen? Prinzipiell denken wir ja, dass wir jederzeit scharf sehen und die Umwelt um uns herum verarbeiten können. Das stimmt so jedoch nicht, das Auge bewegt sich unaufhörlich und fokussiert sich immer nur auf sehr kleine Teile des Blickfelds, den Rest nehmen wir nur verschwommen wahr. Wenn sich das Auge auf etwas konzentriert, nennt man das Fixation, die Sprünge zwischen den einzelnen Fixationen Sakkaden. Während diesen Sprüngen kann das Gehirn keine Informationen verarbeiten.
Es gibt zwei unterschiedliche Arten von Eye Trackern; einerseits eine integrierte Kamera in einem Computerbildschirm, also ein stationäres Gerät und andererseits, eine mobile Kamera (siehe Bild). Je nach Hersteller und Preisniveau gibt es da viele unterschiedliche Ausführungen, aber das Prinzip ist ähnlich. Die Kamera misst gleichzeitig die Pupillenbewegungen und zeichnet das Blickfeld des Probanden auf. Dann werden die Ergebnisse übereinander gelegt und in der Auswertung zeigen Markierungen an, welche Ausschnitte der Umwelt der Proband eigentlich betrachtet hat. Diese können dann beispielsweise mittels Heatmap analysiert werden. Bereiche, die von vielen Probanden fixiert wurden, schimmern dann in warmen Farben von gelb bis rot, während kaum beachtete Regionen eher in dunklen Farben dargestellt werden. So werden beispielsweise blinde Flecken übersichtlich graphisch aufgearbeitet.
Die Vorteile für das Marketing liegen auf der Hand. Das stationäre Gerät wird schon länger für Effektivitätstests bei Anzeigen, Verpackungen und dergleichen eingesetzt, aber auch im Handel findet es seine Anwendungen. So kann beispielsweise beobachtet werden, welche Teile des Regals von den meisten Kunden wahrgenommen und welche Teile fast gänzlich ignoriert werden. Aus diesen Erkenntnissen lassen sich wichtige Implikationen für die Regalbefüllung ableiten. Impulsartikel müssen beispielsweise in einer stark beachteten Region platziert werden, da der Konsument ansonsten ja beinahe keine Chance hat sich zum Kauf verführen zu lassen. Die Sonderangebote aus den Flugblättern, die es nur gibt um Kunden ins Geschäft zu locken, müssen aber natürlich nicht auf den ersten Blick zu finden sein, stattdessen sollten die Produkte aus der gleichen Kategorie mit höheren Margen zentraler aufgestellt werden.
Des Weiteren kann das Suchverhalten von Konsumenten erforscht werden. Wie sollen Produkte angeordnet werden, damit sich die Kunden leicht zurechtfinden und welche Maßnahmen erweisen sich als kontraproduktiv. Welche Werbemaßnahmen am Point of Sale erwecken große Aufmerksamkeit und inwieweit wirkt sich das auf das Kaufverhalten auf. Dadurch, dass nicht nur Erinnerungen und Kaufabsichten abgefragt werden (wie in früher typischen Studien), sondern die Konsumenten in möglichst realen Umwelten beobachtet werden, kann abgeleitet werden, wie viele der Konsumenten, die z.B. ein Zweitdisplay bemerkt haben, dann auch tatsächlich das beworbene Produkt kaufen. Auf diese Weise können Maßnahmen, die zwar stark auffallen, aber zu keiner erhöhten Kaufbereitschaft führen, erkannt und entweder entfernt oder entsprechend adaptiert werden.
Abgesehen von der eigentlichen Lokalisierung im Regal können Eye Tracking Studien auch darüber Aufschluss geben, wie viele gleiche Produkte optimalerweise nebeneinander stehen sollten (Facings). Da Platz in den Regalen begrenzt ist, ist es wichtig zu wissen, wie viele Facings nötig sind, damit das Produkt nicht übersehen wird, aber ab welcher Anzahl es keinen Zusatznutzen mehr gibt.
Darüber hinaus erlauben Eye Tracking Studien die genauere Überprüfung vieler Faustregeln. Beispielsweise lässt sich mittels Experiment eruieren, ob in einem bestimmten Geschäft der Eye Level wirklich der „Buy Level“ ist, oder ob es sich dabei eher um eine self-fulfilling prophecy handelt. Vielleicht liegt es viel eher an den Produkten, die dort dargeboten werden als an der Regalplatzierung selbst. Auch heißt es oft, dass Größe und bestimmte Farben Aufmerksamkeit steigern können.
Dieser Bericht soll dem Leser nur einen Einblick in die vielen Möglichkeiten mit Eye Trackern geben und einen kurzen Überblick darüber was schon passiert ist. Für Details und genauere Auseinandersetzungen mit den einzelnen Themen wird auf die nachstehende Literaturliste verwiesen.
Literatur
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