Der harte Kampf um jeden Zentimeter – Quantitatives Space Management
von Susanna Ender
Die anhaltende Marktsättigung, die kontinuierlich anwachsende Zahl von austauschbaren Produkten sowie die stetige Verschärfung des Wettbewerbes stellen den Handel auf eine harte Probe. Der stete Konkurrenzkampf um jeden noch so winzigen Zentimeter im Regal ist mittlerweile aus dem Retail-Marketing nicht mehr wegzudenken.
Ziel des „Space Managements“ (Raumzuordnungsplanung) ist es, alle Produkte optimal innerhalb des Verkaufsraumes zu verteilen und möglich gewinnbringend Flächen zuzuordnen. Im Rahmen des qualitativen Space Managements werden sämtliche Waren unter Berücksichtigung der Lagebestände und Kundenströme positioniert. Das quantitative Space Management hingegen garantiert die optimierte Aufteilung der verfügbaren Verkaufsfläche auf die einzelnen Artikel.
Mit Hilfe von computergestützten Flächenoptimierungssystemen ist es üblich mittels einfacher Algorithmen die bestmöglichste Anzahl von Facings (Frontstücke) eines Artikels basierend auf diversen Indikatoren, wie etwa Umsätze, Deckungsbeiträge, Marktanteile oder potentielle Entwicklung, zu berechnen. Hierbei versucht man out-of-stock-Situationen und unnötigen Regalbestückungskosten gezielt entgegenzuwirken, indem man gut verkaufbaren Artikeln vermehrt Regalfläche zuteilt. Betrachtet man hingegen spezifische Marktanteile, so versucht man weniger bekannte, aber durchaus ertragsstarke Produkte möglichst nicht zu benachteiligen. Ein weiterer Erfolgsindikator stellt die Handelsspanne dar. Hierbei wird üblicherweise das Umschlagspotential der einzelnen Waren näher untersucht. Man geht hierbei davon aus, dass einem umschlagstarken Produkt mit geringer Handelsspanne keinesfalls weniger Regalplatz zugeordnet werden sollte, da dies Umsatzrückgänge zur Folge hätte. Letztlich ist es möglich bei der Raumplanung von den unterschiedlichen Produktarten auszugehen. In diesem Falle differenziert man zwischen lebensnotwendigen Artikeln und Artikeln, die sich zum Impulskauf eignen. Im Falle von lebensnotwendigen Produkten ist in Folge einer Erhöhung der zugeteilten Regalfläche eine Umsatzstagnationsgrenze in der Praxis relativ rasch erreicht. Im Falle von impulsgeeigneten Gütern tritt die Stagnationsgrenze üblicherweise etwas später ein.
In der Praxis leiden die oben genannten Verfahren unter einer Vielzahl von Interdependenzproblemen. Das erste Interdependenzproblem stellen Verbundeffekte dar. Gönnt man einer Artikelgruppe vermehrt Regalfläche, so wird diese in der Regel vom Kunden rascher aufgefunden und dementsprechend in Folge rascher gekauft. Diese erhöhte Kaufwahrscheinlichkeit kann allerdings in einer Reduktion der Aufenthaltsdauer des Konsumenten am POS führen. Dies vermindert wiederum die Kaufwahrscheinlichkeit anderer Artikelgruppen. Das zweite Interdependenzproblem spiegelt sich in Zieldifferenzen zwischen kurz- und langfristigen Retail-Strategien wider. Ist man etwa an einer kurzfristigen Deckungsbeitragssteigerung interessiert, so läuft man bei vermehrter Platzierung von preisgesenkten Produkten möglicherweise Gefahr Kunden, welche gewohnt kurze Suchzeiten bevorzugen, zu verlieren. Das dritte Interdependenzproblem betrifft Differenzen zwischen der Raumzuordnungsplanung und den preis- und sortimentaffinen Marketingstrategien. Wichtig ist es hierbei einen Konsens mit den zuständigen Managern zu finden, sobald eine Flächenzuteilungen mit einer Einschränkung der Sortimentstiefe innerhalb einer einzelnen Artikelgruppe auftritt.
Literatur:
Bufe, R.H. (1981). Güterbeschaffung des täglichen Bedarfs: ein Beitrag zur Ressourcenallokation privater Haushalte unter dem Einfluss der Einkaufsstättengestaltung. Dunker & Humblot/Berlin.
Hübner, A., Kuhn, H. (2010). Quantitative Models for Retail Category Management: A Review of Assortment Shelf Space Planning in Practice, Software Application and Science. Elektronische Version unter: htto://ssrn.com/abstract=157991,(20/05/10).
Vogler, T. (2006). Transaktionskostentheoretischfundierte Untersuchung zum Spacemanagement in Supermärkten. Inaugural-Dissertation an der der Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
Zielke, S. (2003). Regalmanagement mit Hilfe Evolutionärer Algorithmen-Ein Ansatz der Warenplatzierung unter Berücksichtigung preis- und sortimentpolitischer Interdependenzen. Marketing ZFP, 4/4.