Der Einsatz von Naturgeräuschen im Handel
von Elena Topuzoglu
Natur und das Natürliche ziehen Menschen an, also auch Konsumenten. In dem von starker Konkurrenz geprägten Einzelhandelssektor, wo die eigene Positionierung sowie die
Abgrenzung von Mitbewerbern, bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Praktikabilität des Einkaufserlebnisses, wichtige Ziele sind, könnten neue Konzepte eine willkommene Lösung bieten.
Als Marketingtool wurde sie lange vernachlässigt und doch ist sie gerade in der Verkaufsraumgestaltung einer der wichtigsten Faktoren: die Atmosphäre. Eine positive und ansprechend wirkende Ladenatmosphäre gibt oft den ersten Anstoß, ein Geschäft überhaupt zu betreten. Sie beeinflusst maßgeblich die Stimmung der Kunden im Geschäft und diese sollte – da sind sich wohl alle einig – so positiv wie möglich sein. So kann die Atmosphäre als Marketingwerkzeug dazu eingesetzt werden, die Befindlichkeit der Kunden gezielt zu lenken und dadurch Bedürfnisse hervorzurufen.
Die Ladenatmosphäre lässt sich in vier Kategorien unterteilen: visuelle Umwelt (Farben, Licht, Formen etc.), olfaktorische Umwelt (Gerüche), taktile Umwelt (Materialien, Oberflächen, Temperatur etc.) und die auditive Umwelt, welche in unserem Fall besonders interessiert. Die auditive Umwelt im Geschäftslokal mag vielleicht im ersten Moment nicht so offensichtlich sein, wie die Einrichtung und das Farbthema eines Ladens, jedoch ist sie deswegen nicht weniger entscheidend für die Beeinflussung des Kaufverhaltens der Kunden. Musik und Geräuschkulisse eines Raumes haben einen direkten Einfluss auf das Verhalten der Kunden. So ist es bewiesen, dass beispielsweise langsame Musik dazu führt, dass Kunden langsamer gehen und länger im Geschäft verweilen. Eine zu laute, aufdringliche Geräuschkulisse oder Musik kann natürlich auch das Gegenteil bewirken, nämlich, dass Kunden den Laden als unangenehm empfinden und bald wieder verlassen, oder diesen gar nicht erst betreten.
Der Einsatz von Hintergrundmusik ist schon lange nichts Neues mehr. Sie vernimmt man heutzutage fast überall: von öffentlichen Fahrstühlen bis hin zu großen Supermärkten und Bekleidungsgeschäften. Relativ selten eingesetzt und daher vielleicht noch neuartiger ist der Einsatz von Geräuschen zur Beeinflussung von Kundenverhalten, genauer gesagt von Naturgeräuschen. Doch warum sollten gerade Naturgeräusche in der Ladengestaltung eingesetzt werden?
In den letzten Jahren hat ein starker Trend in Richtung Natur und Natürlichkeit stattgefunden. Konsumenten ist es nicht mehr gleichgültig, woher die gekauften Produkte stammen, unter welchen Bedingungen sie hergestellt wurden oder welche Inhaltsstoffe sie enthalten. Abgesehen von diesem, derzeit stattfindenden Trend, kann gesagt werden, dass Menschen sich grundsätzlich zur Natur und allem was daran erinnert hingezogen fühlen und sie als wohltuend empfinden. Die emotionale Verbundenheit mit der Natur, auch als „ökologische Identität“ bezeichnet, ist in jedem Menschen mehr oder minder stark ausgeprägt. Folglich liegt es nahe, diese Erkenntnisse in die Verkaufsraumgestaltung miteinzubinden.
In der Werbung hat die Verwendung von Naturelementen schon lange Einzug gehalten. Bei vielen Produkten kommt im Hinblick auf deren Werbung schnell der Gedanke an Natur auf, beispielsweise bei vielen Mineralwassermarken. Doch auch im Handel, im Besonderen im Lebensmitteleinzelhandel, werden Naturgeräusche wie Vogelzwitschern, Meeresrauschen, Kuhgeräusche etc. immer beliebter. Sie können positive Assoziationen bei den Kunden hervorrufen und, wenn richtig eingesetzt, das Konzept des Stores unterstreichen. Beispielsweise würden Meeresrauschen und Möwenrufe das Konzept eines Surfshops in einem Einkaufszentrum, oder Alpenklänge die Atmosphäre in einem Bio-Laden abrunden können.
Auch das Stichwort Bio, oder Nachhaltigkeit, ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges. Es konnte beobachtet werden, dass im Lebensmittelhandel eingesetzte Naturgeräusche die
Wahrscheinlichkeit, dass Kunden zu nachhaltigen Produkten greifen, erhöht. Daher ist der Einsatz von Naturgeräuschen gerade, aber nicht nur, im Bio-Segment besonders interessant.
In diesem Zusammenhang ist der Hinweis auf eine weitere wichtige Funktion der Ladenatmosphäre angebracht. Diese hat es nämlich auch zur Aufgabe, ein kongruentes Bild von Geschäftsraum und Produkten zu erschaffen. In Anbetracht des anhaltenden Bio-Trends und der dahingehenden Sortimentsgestaltung von Lebensmitteleinzelhandelsketten, erscheint das Verwenden von Naturelementen besonders sinnvoll. Eine weitere positive Funktion der Natur sei am Ende noch erwähnt. Naturbilder und Naturgeräusche lindern nachweislich körperliche Schmerzen. Was kann es also besseres geben, als Kunden, die gerade von körperlichen Beschwerden geplagt sind, für eine Weile ihre Schmerzen vergessen zu lassen?
Literatur
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