Der Einfluss von Shelf Space auf die Verkaufszahlen
Location, location, location – die drei wichtigsten Faktoren für den Erfolg eines Geschäftes, so sagt man. Das Problem ist jedoch, dass man, wenn das Geschäft einmal gebaut ist, daran nichts mehr ändern kann. Durch die Örtlichkeit ist auch die Größe des Geschäfts vorgegeben und daraus lässt sich ableiten, dass auch der Platz begrenzt ist, in dem Ware angeboten werden kann.
Begrenzter Verkaufsraum ist ein schwerwiegendes Problem im Handel. Eine riesen Anzahl an neuer Produkte kommen jedes Jahr auf den Markt, seien es neue Geschmacksrichtungen im Lebensmittelhandel oder neue Designs in der Bekleidungsbranche, und jedes Mal aufs Neue muss sich der Händler entscheiden, ob er es ins Sortiment aufnehmen will. Wird das Produkt als interessant angesehen, muss ferner entschieden werden, ob der Regalplatz von anderen Produkten in der Kategorie beschränkt werden soll, um genügend Raum freizuräumen, oder ob ein anderes Produkt völlig aus dem Sortiment genommen werden soll und durch das Neue ersetzt.
Aber auch in Kategorien, wo neue Produkte nicht auf der Tagesordnung stehen, ist die optimale Regalgestaltung ein großes Problem. Abgesehen von Entscheidungen von wo im Regal welches Produkt seinen Platz finden soll, ist es bei der Erstellung von Planogrammen sehr wichtig, wie viele gleiche Produkte nebeneinander stehen sollten, sprich wie viele Facings ein Produkt bekommt. Neben der eigentlichen Verpackungsgröße entscheidet die Anzahl der Facings darüber, wie viel Platz ein Produkt im Regal einnimmt, und je mehr Platz ein Produkt einnimmt, desto leichter wird es vom Konsumenten wahrgenommen.
Generell gibt es drei Arten von Produkten:
- unempfängliche Produkte, die meist weder Preis- noch Raumelastizität aufweisen (das heißt, die Produkte werden gekauft, egal ob sich der Preis oder die Anzahl der Facings verändern)
- Produkte des täglichen Gebrauchs, die von erhöhtem Regalplatz bis zu einem gewissen Level profitieren, aber der zusätzliche Nutzen nimmt ab
- Produkte, die nur selten gekauft werden; ab einer gewissen Anzahl von Facings steigen die Verkaufszahlen rasch an, bevor diesem Punkt werden sie von den Konsumenten kaum bemerkt
Verkaufszahlen von Produkten, die in die erste Kategorie fallen, sind von der Anzahl der Facings unabhängig, es zahlt sich daher nicht aus diesen Produkten mehr Platz im Regal zu geben als nötig ist, um leere Regale zu vermeiden. Die Anzahl der Facings hängt primär davon ab, wie viel von dem Produkt normalerweise gekauft wird und wie oft die Regale neu befüllt werden. Produkte in dieser Kategorie sind zum Beispiel Salz oder Brot, eben Produkte des täglichen Bedarfs, wo es generell wenig konkurrierende Marken gibt.
Zur letzten Kategorie zählen Produkte, die man normalerweise nicht auf seiner Einkaufsliste hat, wenn man sie also nicht sieht, wird man sie auch nicht kaufen. Daher ist es in dem Fall besonders wichtig, die Aufmerksamkeit der Konsumenten auf die Produkte zu lenken. Dies kann eben durch mehr Platz im Regal passieren, oder aber auch durch Zweitplatzierungen.
In der mittleren Kategorie befindet sich wohl der Großteil der angebotenen Produkte. In den meisten Produktkategorien gibt es mittlerweile eine Vielzahl an verschiedenen Hersteller- und Händlermarken und alle sollen beachtet und gekauft werden. Hier beginnt aber nun auch das Hauptproblem. Die Vorstellungen und Bedürfnisse von Händlern und Herstellern sind in diesem Bereich sehr entgegengesetzt. Während der Händler möglichst viele verschiedene Produkte anbieten möchte, um alle Konsumentenwünsche abdecken zu können, ist der Hersteller hauptsächlich daran interessiert, sein eigenes Produkt am besten und auffälligsten zu platzieren. Das Bierregal (siehe Bild) ist wohl generell ein Beispiel dafür, dass der Händler seine Wünsche durchsetzt, doch auch hier gibt es manche Marken, die stärker repräsentiert sind als andere.
Oft sind große Marken auch bereit deutlich mehr zu zahlen, um mehr Platz im Regal zu bekommen. Jedoch gibt es einige Studien, die belegen, dass es sich für viele Produkte und Produktkategorien nicht wirklich rechnet, extra Kosten für mehr Platz in Kauf zu nehmen. Produkte mit loyalen Käufern werden auch gekauft, wenn sie nicht so auffällig im Regal sind. Generell sind starke Marken weniger von den Facings abhängig, als beispielsweise Händlermarken.
Produktgruppen für die Facings allerdings sehr wichtig sind, sind Produkte, die häufig aus Impuls heraus gekauft werden. Hier ist es erstmals wichtig, dass die ganze Kategorie vom Konsument erfasst wird, aber im Regal ist es dann auch wichtig hervorzustechen. Besonders bei Knabbereien und Süßigkeiten wollen die Konsumenten meist nicht immer das gleiche genießen und legen daher ein erhöhtes Markenwechselverhalten an den Tag als bei anderen Produktgruppen.
Da jede Produktgruppe unterschiedlich auf Veränderungen in Planogrammen reagiert, gibt es keine allgemein gültigen, leicht zu implementierende Regelungen. Viel mehr hängt alles von praktischen Erfahrungen und der passenden learning-by-doing Mentalität des Händlers ab.
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