Der Dritte Ort — „Home Away From Home“
von Sabina Hujdurovic und Claus Ebster
Was ist der dritte Ort? Es existieren drei Orte. Der „erste Ort“, ist das eigene Zuhause, das man sich nach seinen Wünschen und Belieben einrichtet. Das eigene Heim ist Ausdruck der eigenen Persönlichkeit. In den 1960er Jahren kristallisierte sich in Amerika der „zweite Ort“ heraus, dieser war der Arbeitsplatz. Den Arbeitnehmern war es zum ersten Mal erlaubt, sich ihren Arbeitsraum bis zu einem gewissen Maß selbst einzurichten und etwas eigene Persönlichkeit einzubringen.
Der dritte Ort ist nun jener Platz, der weder dem Zuhause noch dem Arbeitplatz zugeordnet werden kann. Diesen „dritten Orte“ hat es schon immer gegeben, nur wurden Sie lange nicht spezifisch angesprochen oder analysiert. Ray Oldenburg, ein Soziologieprofessor, führte den Begriff „Third Place“ in seinem Buch „The Great Good Place“ in die Diskussion ein. Als dritten Ort sieht er die „guten alten Plätze“, wie den Friseur, die kleine Buchhandlung mit seinem Besitzer mit dem man sich stundenlang unterhält sowie die Stammbar um die Ecke. Allgemein gesprochen, sind es die Plätze, an denen sich Menschen zusammen finden, verweilen und miteinander kommunizieren. Historische dritte Orte wären demnach, das irische Pub, die italienische Piazza und das Wiener Kaffeehaus. Seitdem hat sich jedoch das Konzept des dritten Ortes weiterentwickelt und wird von Unternehmen gezielt als Marketininstrument genutzt.
In den 1980er Jahren entwickelte sich zunehmend das erlebnisorientierte Marketing. Konsumenten begannen sich zunehmend nicht nur in ihren „klassischen“ Räumen wie der Stammbar um die Ecke, dem Fussballplatz, dem Kino etc. aufzuhalten, sondern auch in Shopping Malls, auf Events, in Hotellobbys und neuen, modernen Coffee Shops. Zu den dritten Orten zählen somit mittlerweile auch halböffentlich inszenierte Lebensräume, in denen sich die Konsumenten vorübergehend zu Hause fühlen.
Was macht nun einen bestimmten Platz zum dritten Ort? Wie kreiert man einen solchen „Third Place“? Ein wesentlicher Bestandteil eines dritten Orts ist das Erlebnis. Um solch ein Erlebnis und den damit verbundenen dritten Ort zu konstruieren sind mehrere Gesichtspunkte zu beachten:
- Ein dritter Ort sollte schon von Außen die Aufmerksamtkeit der Kunden wecken, er möchte die Konsumenten hinein locken. Daher ist die Außenwirkung sehr wichtig – ein „Third Place“ sollte zu einem Wahrzeichen, einem Landmark werden. Als Hilfe können hier „Header“ verwendet werden. Zum Beispiel könnte ein überdimensional grosses Buch an der Aussenfassade einer Buchhandlung hängen.
- Nachdem sich der Konsument in den dritten Ort begeben hat, ist es auch wichtig, dass dieser sich innerhalb des Ortes bewegt. Der Raum soll den Kunden zu einem inszenierten Spaziergang inspirieren und ihn somit gleichzeitig Produkte vor Augen führen, die er sonst nicht wahrgenommen und nicht gekauft hätte. Durch das Flanieren durch den Raum soll ein heimisches Wohlgefühl im Menschen erzeugt werden.
- Durch das Erkunden der Räumlichkeiten bildet sich der Kunde auch gleichzeitig seine „Cognitive Map“ mit der er eine Orientierung und damit ein gleichzeitiges Wohlgefühl und Sicherheit erhält. Erst durch die Entwicklung einer solchen kognitiven Landkarte, entsteht für einen Kunden der dritte Ort.
- Des weiteren muss der „dritte Ort“ einem roten Faden folgen, der sogenannten „Concept Line“. Diese verbindet die verschiedenen Themen und Abteilungen eines Raumes und schafft die Wahrnehmung einer „Ganzheit“.
- Abschließend wäre es von Vorteil, eine bestimmte Hauptattraktion zu schaffen, die noch einmal die Neugier der Kunden weckt. Zum Beispiel ein Braukessel in einem Pub oder ein großes Aquarium in einer Lobby.
Welche Ziele lassen sich durch diese Marketingmaßnahme erreichen?
Neben der Schaffung eines neuen Wohlfühlraumes für die Konsumenten, ist der dritte Ort zu einer wichtigen Marketingmaßnahme geworden. Der dritte Ort weckt positive Emotionen in den Kunden, die dann in eine Richtung gelenkt werden sollen, die für den „dritten Ort“ auch profitabel ist. „Dritte Orte“ schaffen Erholung von der Hektik des Alltages für die Konsumenten und steigern durch die Schaffung von Erlebnissen die Aufmerksamkeit und die Verweildauer. Außerdem wirken sie verkaufsfördernd. Die Marketingbranche nutzt dritte Orte als eine Art dreidimensionale Werbung für den jeweiligen Ort, in die man hinein treten kann. Denn die eigentliche Funktion von „dritten Orten“ ist jedoch letzendlich der Verkauf.
Eine gezielte Schaffung eines dritten Ortes ist am Beispiel der Kaffeehauskette Starbucks zu erkennen. Durch die Einrichtung mit Sofas, Fauteuils, niedrigen Holztischen sowie W-LAN etc. erzeugt Starbucks eine Wohnzimmeratmosphäre und für die Gäste ein „drittes Zuhause“, das zum langen Verweilen, Wohlfühlen und Kommunzieren mit anderen Gästen und letzendlich zur Konsumation, lockt.
Schlussendlich ist zu sagen, dass dritte Orte beinahe überall zu finden sind, seien es die „alten dritten Orte“, wie der Bäcker um die Ecke, die neuen hippen Lokale und Hotellobbys in denen sich die moderne Gesellschaft trifft, oder erlebnisorientierte Einkaufszentren, in der sich Jugendliche auf einen Kaffee zusammen setzen. Für jeden Typ von Konsument lässt sich ein geeigneter dritter Ort schaffen.
Literatur
Ebster, Claus/Garaus, Marion (2015): Räume, die zum Kauf verführen: Store Design und Visual Merchandising. WUV Facultas Verlag.
Mikunda, Christian (2007): Marketing Spüren, Willkommen am dritten Ort, 2. Auflage, Redline Wirtschaft
Oldenburg, Ray (1989): The Great Good Place: Cafes, Coffee Shops, Community Centers, Beauty Parlors, General Stores, Bars, Hangouts, and How They Get You Through the Day, New York: Paragon House
Oldenburg, Ray (2000): Celebrating the Third Place: Inspiring Stories about the „Great Good Places“ at the Heart of Our Communities, New York: Marlowe & Company
Deutsche Euroshop (2008): Der dritte Ort, Wo Menschen sich wohlfühlen, DES Geschäftsbericht, S.32