Browsing — wenn Kunden nur stöbern wollen
von Elisabeth Steiner
Unter Browsing versteht man den Besuch in Geschäften zu Erholungs- und Informationszwecken ohne die konkrete Absicht, etwas zu kaufen. Browsing, im Deutschen auch „Stöbern“ genannt, stellt also eine wesentliche Form des Konsumentenverhaltens dar, die unabhängig von spezifischen Kaufgelegenheiten auftreten kann – so haben vermutlich die meisten Personen schon mal ein Geschäft besucht, nur um zu stöbern und ohne konkrete Kaufabsicht.
Die Gründe für Browsing können ganz vielfältig sein: Sei es, dass ein Geschäft einfach aus Spaß besucht wird, sei es, dass ein Geschäftsbesuch zum Zeitvertreib dient (bspw. Überbrückung von Wartezeit oder schlechtem Wetter) oder aus Interesse an neuen Entwicklungen in einer bestimmten Branche oder Produktkategorie geschieht. Je nach Ursache kann Browsing also entweder als eine Art Freizeitaktivität betrachtet werden, oder aber als Suchverhalten verstanden werden.
Wie häufig ein Geschäft zu Browsingzwecken besucht wird, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Mögliche Einflussfaktoren sind Erreichbarkeit und Image eines Stores, die Art der Warenpräsentation und die Anzahl sowie das Verhalten von Verkaufsmitarbeitern. So kann beispielsweise die Anwesenheit eines oder mehrerer Verkaufsmitarbeiter im Eingangsbereich eines Stores potentielle „Browser“ abschrecken, da Store-Besucher, die nicht mit der Absicht kommen, etwas zu kaufen, oftmals eher nicht von Verkaufsmitarbeitern angesprochen werden möchten. Ein weiterer Einflussfaktor ist die Komplexität der angebotenen Produktkategorien: Komplexere Produktkategorien verleiten in der Regel stärker zu Browsing, als weniger komplexe.
Einen wesentlichen Einfluss auf das Browsing-Verhalten hat schließlich die Verkaufsraumgestaltung: Beispielsweise kann sich die Farbgestaltung im Verkaufsraum auf das Browsingverhalten auswirken. So wurde unter anderem herausgefunden, dass die Farbe blau Browsing und auch Käufe fördert, während der Einsatz von roter Farbe zu weniger Browsing und Käufen führt.
Doch was bedeuten derartige Browsing-Besuche für Stores? Während Auswirkungen auf den Kundentraffic relativ leicht nachzuvollziehen sind, ist es nicht von Haus aus eindeutig, ob, und wenn ja, wie sich Browsing-Besuche auf den Umsatz von Geschäften auswirken.
Bei einem Blick auf in den vergangenen Jahren durchgeführte Studien zu diesem Thema wird aber auch die wirtschaftliche Relevanz von Browsing deutlich: Zum einen werden im Rahmen von Browsing-Besuchen doch immer wieder spontane Käufe getätigt, zum anderen können Store-Besucher während des Stöberns Informationen sammeln, die sich dann ihrerseits auf einen späteren Kauf sowie die Absicht, einen Store wieder zu besuchen oder weiterzuempfehlen, auswirken können. Auch ein zusätzlicher, positiver Effekt des Browsings ist mittlerweile bekannt, nämlich mögliche positive Auswirkungen von browsenden Besuchern auf andere Kunden. Dieser Effekt ergibt sich dadurch, dass Browser häufig ein höheres Interesse in und Wissen über bestimmte Produktkategorien haben und teilweise sogar als Meinungsführer in Bezug auf diese Produktkategorien auftreten können.
Angesichts der positiven Auswirkungen lohnt es sich aus Managersicht also durchaus, Browsingverhalten in Stores beipielsweise durch Maßnahmen der Verkaufsraumgestaltung, In-Store Promotions und der Bereitstellung von Produktinformationen im Store zu fördern. Wichtig ist dabei allerdings, die Platzverhältnisse eines Geschäftes genau im Auge zu behalten – unangenehme Menschenansammlungen, die kaufwillige Kunden abschrecken, sollten selbstverständlich vermieden werden.
Quellen
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